Geplante Bundesfernstraßengesellschaft: Ausverkauf öffentlicher Daseinsvorsorge und eine Bankrotterklärung der Demokratie!

Unsere Bundesregierung plant zurzeit unter Federführung von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CDU) die Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft.
In diese sollen sich nach jetzigem Stand Banken, Versicherungen und Pensionsfonds mit bis zu 49,9 % einkaufen können. Im Klartext bedeutet das, dass sie bis zu 100 Milliarden Euro gewinnbringend in öffentliche Infrastruktur anlegen können.

Deutschland hat mit einer Länge von rund 13.000 Kilometern eines der dichtesten Autobahnnetze weltweit. Finanziert wurde es mit unseren Steuergeldern und hat heute einen Wert von ca. 200 Milliarden Euro.

Rettungsanker für Banken, Versicherungen und Rentenfonds
Da die EZB bereits Negativzinsen für große Geldanlagen einstreicht, suchen die Großanleger verzweifelt nach halbwegs guten Anlagemöglichkeiten für das von ihnen verwaltete Geld, um die finanziellen Verpflichtungen gegenüber ihrer Kundschaft erfüllen zu können. Eine Geldanlage in der Bundesfernstraßengesellschaft wäre für viele von ihnen DER Rettungsanker vor einer möglichen Zahlungsunfähigkeit.
Ein erwarteter jährlicher Gewinn von bis zu 8 % wäre jedenfalls bei der derzeit niedrigen Zinspolitik eine traumhafte Rendite.
Will die Bundesregierung mit der Gründung einer ÖPP-Fernstraßengesellschaft eine erneute Auflage „Bankenrettung“, ebenso wie eine „öffentliche“ Rettung der Versicherungen und Rentenfonds umgehen?
Soll damit zusätzlich die Haushaltssperre und damit die „Schwarze Null“ von Finanzminister Wolfgang Schäuble gesichert werden?

ÖPP / PPP
Mit dem Anlagegeld der Privaten sollen Autobahnen und Fernstraßen saniert und neu gebaut werden.
Mit 50,1 % soll der Bund Mehrheitseigentümer der geplanten Bundesfernstraßengesellschaft bleiben. Die Verträge sollen über 30 Jahre laufen.
Das Ganze nennt sich „Öffentlich Private Partnerschaft“ (ÖPP), auf Englisch „Public Private Partnerchip“ (PPP) und beinhaltet nichts anderes als die Teilprivatisierung der Fernstraßen.
Die Verträge bleiben geheim, die entstehenden Kosten tragen, wie üblich, die Steuerzahler.
Bundes- und Landesrechnungshöfe kritisieren schon lange diese PPP-Projekte, die im Endeffekt immer sehr viel teurer sind als die Finanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge durch einfache Kredite.

Einführung von PKW-Maut
Bis 2005 war die Nutzung für alle Fahrzeuge umsonst. Seit Einführung von „Toll Collect“ müssen LKWs eine Maut-Gebühr für die Nutzung der Autobahnen und einiger Fernstraßen zahlen – zuerst für Fahrzeuge über 12 Tonnen, seit Oktober 2015 schon ab 7,5 Tonnen. Die Abrechnung erfolgt elektronisch.
Zu befürchten ist, dass, um die hohen Renditen für Banken, Versicherungskonzerne und Rentenfonds zu sichern, über kurz oder lang eine Autobahn-Maut für alle Nutzer eingeführt wird – also auch für PKWs.

Grundgesetzänderung geplant
Noch gibt es ein Hindernis: Das Grundgesetz muss dafür geändert werden!
Die Planung, der Bau und Betrieb der Bundesfernstraßen unterliegt bis heute laut Gesetz den einzelnen Bundesländern – der Bund übernimmt die Finanzierung.
Eine zentrale Gesellschaft würde den einzelnen Ländern die Zuständigkeit wegnehmen.
Zusätzlich müsste die geplante Gesellschaft auch eine Autonomie gegenüber dem Bund erhalten, da die Privaten natürlich mitentscheiden wollen.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) arbeitet bereits an einem Konzept.
Die Grundgesetzänderung, die an mehreren Stellen notwendig wird, benötigt eine Mehrheit von 2/3 des Bundestags.

Folgen
Die geplante Bundesfernstraßengesellschaft ist die Fortführung einer verdeckten Privatisierung öffentlicher Aufgaben.
Durch fiskalische Tricks wird ein sogenannter „Schattenhaushalt“ geschaffen, der die wahren Schulden auf lange Zeit verschleiert und verschleppt.
Die ÖPP-Bundesfernstraßengesellschaft wäre eine Bankrotterklärung der demokratischen Politik.

Vorsicht: Mit Inkrafttreten der geplanten Handels- und Dienstleistungsabkommen CETA, TTIP und TISA könnten natürlich auch Finanzinvestoren aus den USA und anderen Ländern Zugang zu unserer Infrastruktur bekommen.

Einfache Alternative
Sehr viel günstiger, sicherer und effektiver wäre eine Finanzierung der Sanierung und der Instandhaltung sowie dem Neu- und Ausbau der Straßen durch Kredite in der derzeitigen und wahrscheinlich noch länger anhaltenden Niedrigzinspolitik.

Weitere Infos:

Gemeingut in Bürgerhand (GIB)

Plattform „Allianz gegen die Bundesfernstraßengesellschaft“

Attac Berlin – Bundesfernstraßengesellschaft verhindern

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