CETA, TTIP, TISA und Co – Instrumente eines globalen Wirtschaftskriegs

CETA, TTIP und TISA
In den letzten beiden Jahren wurde das geplante Handelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU für viele von uns ein Begriff. In den letzten Monaten lag die Aufmerksamkeit besonders auf CETA, ein vergleichbares Abkommen der EU mit Kanada. Die Verhandlungen dazu gelten als bereits abgeschlossen – es soll möglichst schnell ratifiziert werden. Aber auch das Dienstleistungsabkommen TISA gerät langsam in den Fokus der Öffentlichkeit.

Unsere kommunale Daseinsvorsorge wird ab Inkrafttreten dieser drei Abkommen von deren Auswirkungen mit Sicherheit langfristig spürbar negativ betroffen sein! Alle drei zielen auf weitere Privatisierungen öffentlicher Institutionen, Einrichtungen und Dienstleistungen ab.

Globale Abkommen
Global bereits mehrere hundert anderer Abkommen mit ähnlichem oder gleichem Inhalt sind unserem Fokus bisher entgangen – weil uns hier in Deutschland bisher keine Nachteile dadurch entstanden sind.

Kaum wahrgenommen wurden z. B. das bereits 2015 abgeschlossene TPP (Trans-Pazifisches Handelsabkommen) wie auch das Handelsabkommen EPA (Economic Partnership Agreement) der EU mit den westlichen, südlichen und östlichen Ländern Afrikas im Jahr 2014 (mit Ausnahme von den nördlichen Ländern Westsahara, Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten).

EPA – Economic Partnership Agreement
Die EPAs sind die von der EU geförderte Abkommen über Freihandelszonen zwischen der EU und den 78 AKP-Staaten (hauptsächlich ehemalige europäische Kolonien in Afrika, der Karibik und im Pazifik).
Die vertragliche Grundlage von EPA wurde am 23. Juni 2000 von den Mitgliedstaaten der EU und den Mitgliedstaaten der Gruppe der AKP-Staaten in Benin unterzeichnet.
Die Verhandlungen begannen etwa 2004, das Interimsabkommen wurde 2009 unterzeichnet, im Juli 2015 trat EPA in Kraft.

EPA zwingt Afrika, seine Märkte fast komplett für europäische Produkte zu öffnen – ohne schützende Zölle; Handelsschranken gegenüber Europa sind den südlichen afrikanischen Staaten untersagt.
Die EU kann die Afrikanischen Staaten also mit Gütern überschwemmen, die deren eigenen Produktionen in die Knie zwingt. So verdrängen z. B. billige importierte Hühnchenabfälle die heimische Hühnerzucht. Aber auch Elektroschrott wird in Afrika kostengünstig entsorgt. Im Gegenzug importiert die EU wichtige Rohstoffe wie Öl, Gold, wertvolle Mineralien, aber auch landwirtschaftliche Produkte (z. B. Rosen aus Kenia).
Link: Rücksichtsloses Freihandelsabkommen – Europa erpresst Afrika

Zwischen der EU und der Karibik (CARIFORUM = Caribbean Forum of ACP-States) wurde schon 2007 ein regionales Wirtschaftspartnerschaftsabkommen geschlossen.

Von diesen Abkommen profitieren die großen Konzerne des Westens, wie Coca-Cola, Nestlé, BASF, Deutsche Bank, Monsanto, Shell und viele andere. Im Ergebnis stärken die Abkommen die Wirtschaftskraft der westlichen Industrienationen, während die Schwellen- und Entwicklungsländer in eine Abhängigkeit geraten, die jede eigene wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeit im Ansatz erstickt. Das ist alles andere als Entwicklungshilfe.

TPP – Trans-Pacific Partnership
Die Transpazifische Partnerschaft (engl. Trans-Pacific Partnership, kurz TPP) ist ein bereits fertig verhandeltes Handelsabkommen zwischen den USA, Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada,Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam. Anfang Februar 2016 wurde das Abkommen durch Vertreter aus allen zwölf Ländern unterzeichnet. Die endgültige Ratifikation steht noch aus.

Weitere Handelsabkommen:
NAFTA – North American Free Trade Agreement (USA, Kanada, Mexiko)
ASEAN Free Trade Area (Thailand, Vietnam, Laos, Brunei, Kambodscha, Indonesien, Malaysia, Myanmar, Singapur, Philippinen)
MERKOSUR (Brasilien, Paraguay, Venezuela, Argentinien, Uruguay, Bolivien – assoziiert: Chile, Kolumbien, Peru, Ecuador, Guyana, Surinam)
GAFTA – Greater Arab Free Trade Area (20 Staaten in Nordafrika und auf der arabischen Halbinsel)

Mindestens zwei bedeutende Bestandteile werden warscheinlich in allen diesen Verträgen verankert sein:
das Schiedsgerichtsverfahren (ISDS) und der regulatorische Kooperationsrat .

Ohne China und Russland
Auffällig ist, dass an keinem der Abkommen dieser neuen Generation Russland oder China beteiligt sind.
Während der Verhandlungen zu TTIP und CETA wurde uns unter anderem durch unsere Regierung vermittelt, dass diese Abkommen notwendig sind: Denn wenn wir diese (neoliberalistischen) Regeln nicht festlegen würden, würden andere die Regeln bestimmen, wie etwa China und Russland.

Von einer Entspannungspolitik zwischen Ost und West, wie sie ab Anfang 1990 spürbar war, ist nicht mehr viel übriggeblieben. Stattdessen verhärten sich auf allen Ebenen wieder die Fronten. Die Nato hat sich bis an die Grenzen von Russland vorgedrängt, allen vorherigen Absprachen zum Trotz. Der Ukraine-Konflikt, in den auch der Westen involviert ist, hat zu Wirtschaftssanktionen im Handel zwischen der EU und Russland geführt. Putin-Bashing ist Trend – nicht nur in den deutschen Medien.

Abkommen mit der EU – Mittel zum Zweck?
Geht es bei den Handelsabkommen CETA, TTIP, TISA und TPP in Wirklichkeit um die wirtschaftliche Stärkung der USA mit Hilfe der EU und anderen Staaten gegenüber China und Russland?
Tatsache ist: wenn das Freihandelsabkommen CETA mit Kanada ratifiziert wird, sind die US-Konzerne mit ihren Niederlassungen in Kanada schon in der EU angelangt.
Wenn CETA in Kraft tritt, wird auch TTIP nicht mehr abzuwenden sein. TTIP wir so etwas wie eine Kopie von CETA sein.
Es werden die Schiedsgerichte (ISDS) eingesetzt werden, genauso wie regulatorische Kooperationsräte (zur Weiterentwicklung der Abkommen). Beide Instrumente werden unsere Rechtstaatlichkeit und Demokratie aushebeln.
Wirkliche wirtschaftliche Vorteile, die auch ohne ein solches Abkommen erreicht werden könnten, sind jedoch nicht zu erwarten. Das belegen umfangreiche Studien, wie z. B. die Capaldo-Studie der Tufts University aus dem Jahr 2014:
Link zur Studie: TTIP – Zerfall, Arbeitslosigkeit und Instabilität in Europa
Link: Verlust an Arbeitskräften

Auf Dauer wird eher mit einem Ausbluten der kleinen und mittelständischen Unternehmen und vor allem mit einem Niedergang unserer demokratischen, sozialen und ökologischen Errungenschaften in der EU zu rechnen sein.
Warum unterstützt unsere Regierung diese Abkommen? Warum will die EU-Kommission diese Abkommen gnadenlos umsetzen – zur Not auch ohne parlamentarische Mitbestimmung?
Warum werden alle Tricks angewendet um die Abkommen durchzuboxen? Die vorläufige Anwendung und die Einstufung als „einfaches“ Handelsabkommen sind jetzt im Spiel.
Womit übt die USA einen solchen Druck auf die EU aus?
Diese Fragen bedürfen einer ehrlichen Antwort!

Wirtschaftskrieg
Bist du nicht West, dann bist du Ost – und so wirst du behandelt.
Über die wirtschaftlichen Schwächen von China und Russland wird viel spekuliert.
Doch über die schlechte Wirtschaftslage und damit auch soziale Lage des großen Weltenlenkers USA wird relativ wenig berichtet. Aber alle wissen: Dollar drucken hilft auf Dauer nicht.
China dagegen ist schon längst überall im Handel mit drin. Das riesige Land hat bereits viel mehr Einfluss auf den Welthandel als wir uns vorstellen wollen. Über die Rolle als billige Produktionsstätte für westliche Staaten ist China schon längst hinausgewachsen. Eigene Produkte, besonders im technischen Bereich sind auf mindestens dem Niveau der westlichen Anbieter und damit konkurrenzfähig.
Chinas Wirtschaft wächst immer noch auf hohem Niveau, wenn auch abgebremst. Davon können die westlichen Industrienationen nur träumen.
Was liegt da näher als mit einem dicken Bündel von Handelsverträgen mit möglichst vielen anderen Staaten zu versuchen, China zurückzudrängen und damit China und auch das rohstoffreiche Russland in die Schranken zu weisen?

Fazit
Wenn wir unsere Kommunale Daseinsvorsorge vor Privatisierungen schützen wollen, müssen wir uns gegen CETA, TTIP und TISA wehren.

Wenn wir unsere sozialen Absicherungen, unsere ökologischen Ziele, die vielen kleinen und mittleren Unternehmen (die hier in Solingen Gewerbesteuer zahlen) und vor allem unsere Demokratie schützen wollen, müssen wir auf die Barrikaden gehen.

Wenn wir nicht Spielball für die Interessen der USA im globalen Wettbewerb gegen China und Russland sein wollen, sondern als eigenständige Wirtschaftsakteur im Sinne einer fairen und friedlicheren Weltwirtschaft dastehen wollen, dann müssen wir diese Abkommen nicht nur ablehnen, sondern dafür sorgen dass sie geschreddert werden.

Menschenwürde vor Profit!

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