Ein Betrug ohne Folgen für die Betrüger?
Das Löschwasser in Solingen kostet auf einmal nicht mehr 1,3 Millionen pro Jahr, sondern nur noch 400.000 Euro
Mit der Ratssitzung vom 21.02.2013 wurde die jährliche Zahllast der Stadt beim Löschwasservertrag von 1,3 Millionen auf 397.000 Euro gesenkt. Dies war möglich, weil die Kosten der Löschwasserberechnung neu und anders berechnet wurden. Bei der Berechnung des neuen Löschwasservertrages wurde im Gegensatz zum alten Vertrag nicht vom Wiederbeschaffungswert des historischen Wassernetzes ausgegangen. Im alten Vertrag hatte der damalige Kämmerer, Ernst Schneider, ein Gefälligkeitsgutachten in Auftrag gegeben, welches das gesamte Jahrzehnte lang aufgebaute Wasserversorgungssystem mit 24 Millionen DM berechnete, wobei vom Wiederbeschaffungswert ausgegangen wurde, welcher mit 962.223 DM/Jahr an Finanzierungskosten in den jährlichen Pauschalbetrag des Löschwassers eingerechnet war. Dass dieses Wassernetz vor allem durch die Gebühren der Bürger weitgehend bezahlt und damit längst abgeschrieben war, wurde bei der alten Rechnung völlig ignoriert, um den Preis künstlich hochzurechnen. Damit wurde dem Anteilseigner der Solinger Stadtwerke, MVV Energie AG, jährlich, von 2001 bis 2012 eine versteckte Gewinnausschüttung von 49,9 Prozent der 1,3 Millionen für den Löschwasservertrag gewährt.
3,2 Millionen verdeckte Gewinnausschüttung
Von 2001 bis 2008 wurden der MVV jährlich etwa 650.000 Euro für das Löschwasser überwiesen. Die Jahre 2009 bis 2012 wurden im Rahmen der Rückkaufsverhandlungen mit 2,3 Millionen an MVV für das Löschwasser beglichen. Insgesamt hat die Stadt also etwa 7,5 Millionen Euro der MVV zukommen lassen. Das sind, nimmt man die 390.000 Euro, welcher der neue Löschwasservertrag zur Grundlage legt, 3,2 Millionen Euro zuviel, weshalb dieser Betrag als eine verdeckte Gewinnausschüttung bewertet werden kann.
Warum beim alten Löschwasservertrag 19 Prozent Umsatzsteuer gezahlt wurden, während im neuen Vertrag mit nur 7 Prozent gerechnet wird, wirft auch einige Fragen an das Geschäftsgebaren der damaligen Verantwortlichen in der Verwaltung auf. Die Erklärung, dass es sich hier um ein Versehen handeln würde, ist jedenfalls inakzeptabel.
Rechtlich in Ordnung und finanziell unschädlich?
Nun erklärte im Februar dieses Jahres die Verwaltung, dass sowohl die Berechnungsgrundlage für den alten wie für den neuen Löschwasservertrag rechtlich in Ordnung sei und der Stadt hier kein finanzieller Schaden zugefügt wurde. Der Unterschied von 900.000 Euro für ein und dasselbe Produkt, Löschwasser, sei also rechtlich nicht zu beanstanden und finanziell unschädlich.
Warum die Verwaltung dies erklärt, kann nur damit zusammenhängen, dass sie den Verwaltungsvorstandskollegen, ehemaligen Kämmerer und jetzigen Chef der städtischen Betriebsgesellschaften, Ernst Schneider, vor dem Staatsanwalt schützen will. Diese hatte nämlich ein Ermittlungsverfahren gegen Schneider mit der Begründung eingestellt, dass die Stadt Solingen versichert hätte, dass der Löschwasservertrag seriös und rechtlich korrekt begründet war und der Stadt kein finanzieller Schaden entstanden sei. Diese Aussage ist nach der Verabschiedung des neuen Vertrages in der Ratsitzung vom 21. Februar 2013 nicht mehr haltbar.
Frank Knoche